Insgesamt weisen die Studien, an denen das deutsche Forschungsteam beteiligt war, auf vier wichtige Ergebnisse hin: Erstens weicht die Logik der Bildungsdifferenzierung in Deutschland stark von den meisten anderen im LIFETRACK-Projekt betrachteten Ländern ab. Hier ist die Trennung von Schülerinnen und Schülern stark formalisiert und findet früh im Leben statt, während subtilere und informelle Formen der Sortierung weniger ausgeprägt sind. Die Untersuchung der Bildungsverläufe auf Basis der NEPS-Daten zeigt eindrucksvoll, dass die frühe Aufteilung der Schülerinnen und Schüler mit vielen Möglichkeiten einhergeht, später im Leben über Umwege höhere Abschlüsse zu erlangen. Dadurch sind die Bildungswege in Deutschland vielfältig und komplex. Die Sortierung im Übergang zu weiterführenden Schulen in Deutschland ist also nicht so strikt, wie sie auf den ersten Blick scheint.
Zweitens zeigen Kausalanalysen, dass die frühe Aufteilung dennoch langfristige Auswirkungen auf die berufliche Platzierung im Erwachsenenalter hat, vor allem durch ihre Funktion, Schülerinnen und Schüler über Bildungsabschlüsse und Noten in bestimmte nachschulische Bildungswege zu lenken.
Drittens deuten unsere Ergebnisse darauf hin, dass der Besuch eines Gymnasiums im Vergleich zur Realschule bei Schülerinnen und Schülern mit gleichen Ausgangsbedingungen und Kompetenzen während der Sekundarstufe I zu einem größeren Lernfortschritt in den Kernfächern führt. Die Klassenkamerad/innen scheinen bei der Erklärung dieses positiven Effekts eine zentrale Rolle zu spielen, sowohl in Bezug auf ihr Leistungsniveau als auch auf ihre soziale Zusammensetzung.
Viertens zeigen international vergleichende Ergebnisse des Projekts, dass die Sortierung von Schülerinnen und Schülern offenbar dafür sorgt, dass der familiäre Hintergrund den schulischen und sozioökonomischen Erfolg im Erwachsenenalter beeinflusst, und zwar unabhängig davon, wie und wann in den verschiedenen Bildungssystemen sortiert wird. Obwohl die soziale Herkunft insgesamt nur einen kleinen Teil der Unterschiede bei der Sortierung oder den langfristigen Bildungsergebnissen erklärt, wird der indirekte Effekt der sozialen Herkunft deutlich durch die Sortierung in der Sekundarstufe II erklärt, unabhängig vom jeweiligen Bildungssystem.