Dass erfolgreiche Bildungsprozesse in der Mathematik, der Informatik, in den Naturwissenschaften und der Technik (dem sogenannten MINT-Bereich) eine notwendige Voraussetzung für eine individuelle, aber auch gesellschaftliche Entwicklung darstellen, ist allgemeiner Konsens. Doch nach wie vor bestehen Herausforderungen in der MINT-Bildung, die dringend angegangen werden müssen. Beispielsweise sind Schulabgänger*innen für Ausbildungen im MINT-Bereich nicht genügend qualifiziert und der Frauenanteil in den MINT-Studiengängen ist nach wie vor zu gering.
Die Autor*innen des Positionspapiers, das konkrete Vorschläge zur Verbesserung der MINT-Bildung umfasst und anlässlich des Bildungspolitischen Forums veröffentlicht wird, sehen die größten Herausforderungen im Elementar- und Primarbereich, in der digitalen Transformation, in der Rekrutierung von Auszubildenden für MINT-Berufe sowie im Bereich der Hochschulen:
- Elementar- und Primarbereich
Im Elementarbereich sollten mathematisch-naturwissenschaftliche Bildungspläne ein größeres Gewicht erhalten. Gute frühkindliche Bildungsangebote stehen und fallen mit einer hohen Qualität der Einrichtungen und vor allem des Personals sowie dem Angebot an mathematisch-naturwissenschaftlichen Lerngelegenheiten in den Einrichtungen. Die Aus-, Fort- und Weiterbildung der pädagogischen Fachkräfte sollte weiter verbessert und die vorschulische Förderung im Bereich Mathematik deutlich gestärkt werden. Im Grundschulbereich ist eine intensivere Diagnostik und Förderung notwendig, um ein anschlussfähiges Lernen in der Sekundarstufe I zu gewährleisten.
- Digitale Kompetenzen stärken
Als Folge der digitalen Transformation ist es dringend geboten, Bildungsziele zu erweitern und informatische Kompetenzen zu stärken. Hierzu gehört auch, das pädagogische Personal weiter zu professionalisieren. Die Autor*innengruppe des Positionspapiers macht deutlich, dass der Aufbau digitaler Kompetenz in der Schule nicht nur die Aufgabe des Fachs Informatik, sondern aller Fächer ist. Um dies gewährleisten zu können, halten die Forschenden eine Qualifizierungsoffensive für Lehrkräfte für erforderlich. Des Weiteren benötigen Bildungseinrichtungen nachhaltige digitale Infrastrukturen.
- Menschen für MINT-Ausbildungsberufe gewinnen
Es sollte besser kommuniziert werden, welche große gesellschaftliche Bedeutung MINT-Fächer und ihre Ausbildungsberufe besitzen. Nach wie vor gilt es, mehr junge Menschen für eine MINT-Ausbildung zu qualifizieren. Denn viele Ausbildungsplätze bleiben unbesetzt, weil sich junge Menschen bewerben, die nicht die nötige Qualifikation mitbringen. In allgemeinbildenden Schulen müssen weitergehende Anstrengungen unternommen werden, um den Anteil an Schüler*innen, die zur sogenannten Risikogruppe gehören, drastisch zu reduzieren. Dazu gehören diejenigen, deren Kompetenzen in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern nicht über das Anforderungsniveau der Grundschule hinausreichen. Des Weiteren sollte systematisch Forschung gefördert werden, um das Wissen über Gelingensbedingungen zu erweitern. Diese empirisch belegten Erkenntnisse können die Basis für Modell-Programme bilden. Außerdem ist der Anteil von Frauen in den MINT-Berufen nach wie vor zu niedrig. Es bedarf mehr Forschung zu der Frage, wie ein nötiger Kulturwandel in Organisationen zum Abbau von Geschlechterstereotypen führen kann.
- MINT-Bildung in den Hochschulen stärken
Derzeit geht der Anteil an Studierenden in den MINT-Fächern zurück. Dieser Entwicklung muss begegnet werden. Die digitalen Angebote in der Hochschullehre, die stärker individualisiertes Lernen erlauben, sollten ausgebaut werden und internationale Studierende sollten leichter Zugang zu den deutschen Hochschulen erhalten. Die Häufigkeit eines Studienabbruchs ist in den MINT-Fächern überdurchschnittlich hoch. In der Regel ist diese hohe Zahl an Studienabbrüchen durch Leistungsprobleme begründet. Hier sind die Hochschulen gefragt, ihre bereits bestehenden Unterstützungsangebote für Studierende auszubauen. Gezielte Maßnahmen zur Steigerung des Frauenanteils in den MINT-Studiengängen müssen aufrechterhalten und ausgebaut werden.
Die Koordinationsstelle des LERN-Forschungsnetzwerks ist am DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation angesiedelt. In LERN haben sich Forschende aus Erziehungswissenschaft, Fachdidaktiken, Linguistik, Kultur-, Medien- und Neurowissenschaften, Ökonomie, Politikwissenschaft, Psychologie, Soziologie sowie Informationswissenschaft und Informatik von 25 Einrichtungen zusammengeschlossen. Ziel des Netzwerks ist es, Expertise zu bündeln und die Sichtbarkeit der Leibniz-Gemeinschaft in Bildungsfragen bei politischen Entscheidungsträger*innen, in der Bildungsadministration und in der Öffentlichkeit zu erhöhen. Das Netzwerk will dazu beitragen, Potenziale von Bildung und für Bildung besser zu erschließen und auf individueller, institutioneller und gesellschaftlicher Ebene Ansatzpunkte für tragfähige Konzepte und erfolgsversprechende Reformen zu finden.
Das vollständige Positionspapier mit allen vorgeschlagenen Maßnahmen ist hier abrufbar: www.leibniz-bildung.de/bpf21-positionspapier
Viele Einrichtungen des Forschungsnetzwerks LERN widmen sich in ihrer Forschung und ihren Entwicklungsarbeiten MINT-Bildungsprozessen über die Lebensspanne. Eine Übersicht der wichtigsten Projekte lässt sich hier herunterladen: www.leibniz-bildung.de/projectmapping21
Inhaltlich verantwortlich für das Bildungspolitische Forum 2021 und das Positionspapier:
IPN | Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik
DZHW | Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung
LIfBi | Leibniz-Institut für Bildungsverläufe
Universität Luxemburg
Sprechergruppe des Leibniz-Forschungsnetzwerks Bildungspotenziale (LERN):
Prof. Dr. Ulrike Cress, IWM – Leibniz-Institut für Wissensmedien
Prof. Dr. Marcus Hasselhorn, DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation
Prof. Dr. Olaf Köller, IPN | Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik
Prof. Dr. Heike Solga, WZB | Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung
Prof. Dr. Katharina Spieß, DIW | Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung