Die bildungssoziologische Forschung unterstreicht die ambivalente Rolle, die Schulen bei der Herstellung von Chancengleichheit spielen können. Einerseits werden Schulen kritisch betrachtet, nämlich als Institutionen, die Ungleichheit erzeugen, indem sie Schülerinnen und Schüler in ungleiche Lernumgebungen sortieren. Aus einem positiven Blickwinkel lassen sich Schulen dagegen als Ausgleichsmechanismus betrachten, da sie im Vergleich zu außerschulischen Umgebungen standardisierte und homogenere Lernmöglichkeiten schaffen, wovon vor allem Kinder aus benachteiligten Schichten profitieren sollten.
Um herauszufinden welche Rolle Schulen tatsächlich für die Reproduktion sozialer Ungleichheit spielen, testete Jan Skopek die „Ausgleichshypothese“ mit dem relativ neuen Ansatz differentieller Exposition (Differential Exposure Approach, DEA). Beim DEA wird der Effekt, den der Schulbesuch hat, durch den Vergleich gleichaltriger Kinder ermittelt, die sich zum Zeitpunkt einer Kompetenztestung (zufällig) in der Dauer ihrer Schulbildung unterscheiden. Jan Skopek kontrastierte den DEA-Ansatz mit der vorwiegend in den USA verwendeten Saisonvergleichsmethode (SCD), die Lernraten während und zwischen den Schuljahren („Sommerferien“) vergleicht, die jedoch in jüngeren Studien inkonsistente Ergebnisse lieferte.
Um die kausale Wirkung der Schulbildung auf soziale und ethnische Unterschiede in der Bildung in Deutschland mittels DEA zu untersuchten, arbeitete Jan Skopek vorwiegend mit Daten der Startkohorten 1 und 2 des Nationalen Bildungspanels, das am LIfBi angesiedelt ist und dessen großes Potential er in seiner Lecture betonte. Weiterhin nutzte er Daten aus den USA.
Im Verlauf seines Vortrags stellte Jan Skopek differenziert dar, wie er die Rolle (früher) Beschulung für Lernunterschiede bei Schülerinnen und Schülern in Deutschland und den Vereinigten Staaten untersucht hat. Während ein längerer Schulbesuch klar die Schulleistungen aller Kinder fördert, zeigen die Daten kaum oder nur sehr schwache Evidenz für eine soziale Ausgleichswirkung. Aber umgekehrt geht in der Schulzeit die Schere in den Leistungen zwischen benachteiligten und besser gestellten Kindern auch nicht weiter auf. Seine Analysen zeigten auch das Potential des Ansatzes differentieller Exposition für eine länderübergreifende Forschung zu den Auswirkungen der Schulbildung.