Wie gelingt in Schweden die Integration von Jugendlichen mit Migrationshintergrund, die immerhin ein Viertel der Jugendlichen des skandinavischen Landes ausmachen? Antworten darauf lieferte Professorin Carina Mood vom Schwedischen Institut für Sozialforschung (SOFI) an der Universität Stockholm bei ihrer LIfBi Lecture Mitte Dezember 2024. Die Soziologin stellte Ergebnisse einer großangelegten Längsschnitt-Studie über Jugendliche vor und zeichnete ein gemischtes Bild von der Integrationsleistung der schwedischen Gesellschaft.
Schweden ist seit Jahrzehnten ein Einwanderungsland. Integration ist daher eine grundlegende Frage für die Zukunft Schwedens, die Diskussion ist aber – ähnlich wie in Deutschland – von politischen Kontroversen geprägt. Betrachtet man, wie Mood, Integration als mehrdimensionales Phänomen, zeigen sich in den unterschiedlichen Bereichen sehr heterogene Befunde.
Auf Basis der umfangreichen Daten der ländervergleichenden CILS4EU-Studie, an der in Schweden 5.000 Jugendliche des Jahrgangs 1996 teilgenommen haben, zeigt sich, dass die strukturelle Integration über Schule und Beruf sehr gut funktioniert. Kinder mit Migrationshintergrund erleben dort kaum Diskriminierung, erhalten ein Mehr an Unterstützung und können ihre oftmals hohen beruflichen Aspirationen häufig auch verwirklichen. Das setzt sich zumeist auch im Erwerbsleben und im beruflichen Erfolg fort, wenngleich es einzelne Gruppen gibt, die beispielsweise im Berufsleben verstärkt Diskriminierung erfahren. Entsprechend gut sind die Jugendlichen emotional integriert: sie sind zufrieden, fühlen sich gesund und blicken optimistisch in die Zukunft.
Die mehrdimensionale Betrachtung von Integration zeigt aber deutlich, dass eine gelungene Bildungsintegration nicht automatisch eine Integration in anderen Bereichen nach sich zieht. Konkret: Bei der sozialen Integration, insbesondere bei der Partnerwahl und der Familiengründung, bleiben die unterschiedlichen ethnischen Gruppen weitgehend unter sich. Und auch bei der kulturellen Integration zeigt sich, dass sich die unterschiedlichen kulturellen Werte von Personen mit und ohne Einwanderungshintergrund im Laufe der Zeit aneinander nicht annähern.
In der anschließenden Diskussion wurden weitere Forschungspotenziale diskutiert, die sich auch mit dem Nationalen Bildungspanel (NEPS) realisieren lassen. Zu den von Mood verwendeten CILS4EU-Daten wird seit gut einem Jahr der harmonisierte und zusammengeführte Datensatz„CILS4NEPS“ durch das Forschungsdatenzentrum des LIfBi zur Verfügung gestellt. Dieser ermöglicht unter anderem, Informationen der NEPS-Startkohorte 4 für Vergleiche mit England, den Niederlanden und Schweden zu nutzen. Während ihres zweitägigen Aufenthalts in Bamberg nutzten eine Reihe von LIfBi-Mitarbeitenden die Gelegenheit, sich mit Carina Mood wissenschaftlich auszutauschen. Gespräche fanden zu Themen der Ungleichheits- und Migrationsforschung, zu Inklusion und Segregation statt.
Moods Vortrag beschloss die diesjährige Reihe der LIfBi Lectures. Ein Ausblick auf das kommende Sommersemester ist hier zu finden.
Website Carina Mood
Scientific-Use-File CILS4NEPS
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