Seit nunmehr drei Generationen stammen Arbeitsmigranten am Persischen Golf aus der Provinz Kerala im Südwesten des indischen Subkontinents. Meist sind dies Männer im Alter zwischen 20 und 40 Jahren und meist sind diese verheiratet. Ihre Frauen blieben zurück in Indien in einem Gebiet, das nach langen Jahrzehnten linker Regierung einige erstaunliche Parameter im Sinne der Gender-Ungleichheit für ein Schwellenland oder einen BRICS-Staat (Brasilien, Rußland, Indien, China und Südafrika) aufweist. Einige Beispiele: Das Bildungsniveau ist vergleichsweise hoch und die Säuglingssterblichkeit liegt auf dem Niveau weißer US-Amerikanerinnen und -Amerikaner. Diese Indikatoren lassen erwarten, dass die Erwerbsbeteiligung von Frauen hoch ist. Empirisch ist das aber nicht der Fall, vielmehr erscheint eine Erwerbsquote von weniger als 20 % bei diesen Frauen geradezu paradox. Brückner erklärt dieses Paradox anhand eigener Daten vor allem als kulturelles Phänomen: Die soziale Statuskonstruktion einer Mittelschichtsfamilie lässt Erwerbstätigkeit von Frauen nicht zu.