Lucas’ (2001) These der Effectively Maintained Inequality (EMI) geht davon aus, dass wenn ein Bildungsabschluss universellen Charakter erhält (wie das französische baccalauréat oder das Deutsche Abitur) – und somit die quantitative Ungleichheit darin, diesen Abschluss zu erreichen, abnimmt – klassenspezifische Ungleichheit primär durch qualitative Unterschiede zwischen akademisch und sozial stratifizierten Bildungswegen zum Ausdruck kommt.1 Professor Vallet stellte zwei empirische Tests der EMI-Hypothese vor, die sich mit dem Übergang von der Sekundarstufe 1 in die Sekundarstufe 2 sowie mit dem Übergang von der Sekundarstufe 2 in den tertiären Bereich beschäftigen. Das Ergebnis dieser Studien ist, dass die EMI-Hypothese für verschiedene Übergänge im französischen Bildungssystem unterschiedlich stark Gültigkeit besitzt. Beide Untersuchungen stellen anschaulich dar, wie verschiedenartig sich der Effekt sozialer Herkunft im Verlauf individueller Bildungsverläufe entfaltet. Wenn Forscherinnen und Forscher das volle Ausmaß sozialer Ungleichheit verstehen wollen, müssen sie daher das Bildungssystem in seiner vollen Komplexität erfassen. Die NEPS-Daten werden Tests der EMI-Hypothese für das deutsche Bildungssystem ermöglichen.
1 Oxford Review of Education, Vol. 37, No. 2, April 2011, pp. 167–194.